Bootsurlaub
‚Canal du Midi’ – traumhafte Kilometer der Entschleunigung (1. Teil)
Der ‚Canal du Midi’ – ursprünglicher Name ‚Canal royal en Languedoc’ ist 241 Kilometer lang, führt durch die Region Languedoc-Roussillon und verbindet Sète am Mittelmeer über Carcassonne mit der Stadt Toulouse an der Garonne. Der Canal du Midi’ ist heute eine touristische Attraktion, ein sehr beliebtes Reiseziel für Hausbootmieter, für Sportbootskipper für Radfahrer und Wanderer, letztere benutzen die ehemaligen Treidelpfade entlang des Kanals als Rad- und Wanderwege.
Bei viel Zeit und je nach Lust und Laune kann die Reise auf dem Seitenkanal der Garonne dem ‚Canal latéral à la Garonne’ oder kurzgefasst: ‚Canal de Garonne’ bis nach Castets-en-Dorthe zum Übergang des Kanals in die schiffbare Garonne und weiter auf dem Fluss über Bordeaux, bis in den Mündungstrichter Gironde und in den Atlantik fortgesetzt werden. Die Länge dieses Wasserweg-Abschnitts beträgt 193 Kilometer.
Das Abenteuer nimmt seinen Lauf
Da der ‚Canal du Midi’ über einen Bergsattel zwischen dem französischen Zentralmassiv und den Pyrenäen geführt werden musste, sind zurzeit 63 Schleusen mit 98 Schleusenbecken im Einsatz. Von Sète (Étang de Thau) geht es mit der Hilfe von 48 Schleusen auf eine Höhe von 189 Meter. Der Scheitelpunkt liegt auf dem Pass von Naurouze. Abwärts sind es zwischen dem Scheitel und Toulouse 15 Schleusen und 57 Meter. Dabei variiert die Distanz zwischen den Schleusen zwischen 105 m und 53,9 km.
Die sechsstufige Schleusentreppe Fonserannes bei Béziers war und ist technisch eine besondere Herausforderung. Heute ist sie eine hervorzuhebende, technische Sehenswürdigkeit. In die Schleuse einfahrende Schiffe werden in sechs Stufen um 13,6 Meter gesenkt oder gehoben. Der Schleusengang dauert bergwärts 45 Minuten und talwärts 30 Minuten. Zeitlich begrenzt wird wechselweise nur hinauf oder nur hinunter geschleust.
Von den 63 in Betrieb befindlichen Schleusen werden 30 automatisch gesteuert und 33 manuell von Schleusenwärtern bedient. Die Schleusenwärter wohnen zu meist an ihrer Schleuse.
Pflanzen sichern die Haltbarkeit
Um die Festigkeit und Haltbarkeit der Kanalufer und der Dämme zu sichern, ließ schon der Erbauer des Kanals schnellwachsende Bäume auf den Dämmen außerhalb der Treidelpfade pflanzen. Es waren zunächst bevorzugt Weiden. Die Uferränder wurden mit ins Wasser gepflanzten Schwertlilien geschützt. Nach der französischen Revolution setzte sich der Gedanke durch, Kanalufer aus praktischen und auch aus ästhetischen Gründen mit Bäumen zu bepflanzen.
Es folgte eine endlose Serie von Versuchen, die am besten geeigneten Bäume zu finden. Es wurden extra Baumschulen angelegt, die zum Kanal gehörend, nach geeignetem Baummaterial forschte. Den ersten Weiden folgten Maulbeerbäume, Pappeln und auch Obstbäume, bis zur Wende ins 19. Jahrhundert die Platanen ins Blickfeld rückten.
Platanen am ‚Canal du Midi’
Die Pflanzung von Platanen wurde forciert und heute dominieren sie die Kanalränder. Die Wurzeln der Platane befestigen die Dämme und Ufer besonders gut. Der Schatten ihrer Blätterdächer verringert die Wasserverdunstung, schützten gleichzeitig beim Treideln Arbeiter und Pferde vor den Sonnenstrahlen. Heute sind es etwa 42.000 Platanen die am Kanal gepflanzt sind. Einige von ihnen sind von einer Pilzkrankheit befallen, die leider zum Absterben der Bäume führen kann.
Da der Pilz über das Kanalwasser und auch über die Boote von Baum zu Baum gelangen kann, ist eine Bekämpfung des Pilzes außerordentlich schwer. Es bestehen Befürchtungen, dass in 20 Jahren alle Platanen erkranken und abgeholzt werden müssen.
Moderne Technik schafft Probleme
Schiffe die den ‚Canal du Midi’ befuhren, wurden vor der Erfindung und Einführung der Dampfmaschine und später der Schiffsmotoren vom Ufer aus gezogen, getreidelt. Zum Treideln wurde die Kraft der Pferde benötigt, Menschen wurden seltener eingesetzt. Getreidelt wurde noch bis zu Beginn 20. Jahrhunderts, dieses hat seine Spuren hinterlassen.
Ein durchgehender Treidelweg war meist nur auf einer Seite des Kanals angelegt, wechselte oft über Brücken die Seiten, manche Anpassung wurde erzwungen. Bei Kanalüberläufen wurden Brücken mit einem Pfad versehen und die Kanalbäume wurden außerhalb der Treidelwege gepflanzt.
In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden erste Dampfmaschinen als Schiffsantrieb eingesetzt, der Übergang vollzog sich relativ langsam im Gegensatz zum Dieselmotor. Der war seit etwa 1930 Antrieb in fast allen Schiffen.
Die Schiffe mit Motorkraft können viel höhere Geschwindigkeiten erreichen, der Wellenschlag könnte die Kanalböschungen, den Uferbereich beschädigen. Aus diesen Gründen gilt heute für den Kanalbereich eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 5 Knoten oder 9 km/h.