Back to the Roots – America’s Cup kehrt zurück zu Monohulls
Seit über einem Jahrhundert versuchen Segelteams beim America’s Cup, ihre Karten nicht aufzudecken. Sie sichern sich Durchbrüche mit Hightech-Jachten, die in den neuesten Designs für immense Summen von mehr als 150 Millionen Dollar entstehen. Ihr Ziel ist der weltweit renommierteste Preis im Regattasegeln, die legendäre Siegertrophäe ‚Auld Mug‘ des America’s Cup, die seit 1851 als Wanderpokal ihren Besitzer wechselt.
2010 nahmen zum ersten Male Mehrrumpfboote an der Regatta teil. Drei Jahre später einigten sich alle teilnehmenden Teams der weltweit ältesten Segelregatta darauf, pfeilschnelle Katamarane einzusetzen, deren Rümpfe förmlich über die Wasseroberfläche fliegen. Die unter Hochgeschwindigkeit segelnden Rennmaschinen wurden von Jahr zu Jahr schneller und spektakulärer. Sie bieten ihren Zuschauern atemberaubende Rennen, jedoch sind sie weit entfernt von den ursprünglich teilnehmenden klassischen Segeljachten. Im Jahre 2021 soll sich nun das Blatt wenden. Der Titelverteidiger von 2017, das Emirates Team Neuseeland und sein italienischer Herausforderer Luna Rossa kündigten im September an, die Regeln für die nächste Veranstaltung im Jahre 2021 zu ändern. Der America’s Cup soll wieder mit Booten ausgetragen werden, die zwar spektakuläre Rennen liefern, aber dennoch als klassische Segelboote erkennbar sind. Die rasanten fliegenden Katamarane gehen somit nach der 35. Auflage des legendären America’s Cup vor Bermuda in die Geschichte des Regattasegelns ein.
Der nächste Wettbewerb wird ganz anders, als die letzten drei Regatten des America’s Cups, bei der alle Beteiligten mit Mehrrumpfbooten starteten. Die Regeln setzte bisher der amerikanische Softwaremogul Larry Ellison fest, der die Tagesordnung mit der Kraft seiner Persönlichkeit und seines Kapitals bestimmte. Niemand wie er veränderte die Regeln so stark und einseitig, sodass seine Herausforderer kaum eine Chance hatten. Er verdrängte die langsameren Einrumpfboote und setzte Hochgeschwindigkeits-Katamarane durch, die mit Tragflügeln, sogenannten Hydrofoils die Rümpfe aus dem Wasser heben. Durch die Tragflächentechnik werden die Katamarane zu den schnellsten Segelfahrzeugen, die Geschwindigkeiten bis zu 100 Kilometer in der Stunde erreichen. Damit ließ er eine Rennserie entwickeln, die der Formel 1 gleicht. Entgegen der Tradition, den Wettbewerb im eigenen Land auszurichten, ließ er die Mannschaften beim 35. Americas’s Cup im Geld versprechenden Steuerparadies Bermuda starten. Sein Team Oracle war Titelverteidiger, der sich im Juni 2017 nicht mehr durchsetzen konnte. Gewinner wurde sein ewiger Gegner, das neuseeländische Team vom Royal New Zealand Yacht Squadron mit der Aotearoa. Es verfügt über einen wesentlich geringeren Etat, aber dafür über die besseren Ideen, sodass es den begehrten Cup dem Ellison Oracle-Team der USA streitig machen konnte.
Traditionell bestimmt der Sieger des America’s Cup die Regeln für den nächsten Wettkampf. Austragungsort der kommenden Regatta ist das Heimatland des gewinnenden Teams. Neuseeland plant für den Cup im Jahre 2021, den Titel vor Auckland zu verteidigen. Für die Segelteams und für den Bootsbau wird es eine Nationenregel geben, die insbesondere für den Titelverteidiger vorteilhaft sein könnte. Bei der neuen Regelung müssen in Zukunft mindestens 20 Prozent der teilnehmenden Teammitglieder aus dem selben Land stammen, wie ihr Segelklub. Das dürfte insbesondere für die USA mit dem Oracle Team und Larry Ellison schwierig werden, da sie in letzter Zeit für horrende Geldsummen Spitzensegler aus Neuseeland und Australien abgeworben hatten. Der erste Herausforderer für die als ‚Kiwis‘ bezeichnete neuseeländische Crew ist das Team Luna Rossa aus Italien, welches von Patrizio Bertelli, dem CEO des Luxusmodekonzerns Prada angeführt und gesponsert wird. Er bestimmt gemeinsam mit dem Titelverteidiger die Regeln und die Bootsklasse des nächsten Rennens.
Fest steht, dass wieder Einrumpf-Jachten mit tiefem Kiel, sogenannte Monohulls an den Start gehen werden, die von 1851 bis 2007 das Regattafeld beim America’s Cup beherrschten. Der Rückgang zu den Einrumpfbooten war nur deshalb möglich, weil sich die Neuseeländer als einziges Team vor dem letzten Cup nicht dazu verpflichteten, mit Katamaranen zu segeln. Hintergrund war, dass das italienische Team Luna Rossa beim 35. Cup ausstieg, weil der amerikanische Verteidiger Larry Ellison mit dem Oracle Team beim letzten Cup die Regeln kurzfristig mehrfach änderte. Bertelli und sein Team Luna Rossa unterstützten stattdessen das neuseeländische Team. Zur Bedingung stellten die Italiener allerdings, dass Neuseeland im Falle eines Sieges beim nächsten Wettkampf auf Katamarane verzichtet. Bertelli ist ein leidenschaftlicher Enthusiast des America’s Cup und jagt seit 17 Jahren hinter der begehrten Trophäe her. Mehrmals stand sein Team kurz vor dem Ziel und war beim 30. Cup in der Herausforderrunde, doch zuletzt unterlag es Neuseeland. Auch bei folgenden Duellen reichte es nur bis zum Viertelfinale oder Halbfinale. Beim nächsten Wettkampf im Jahre 2021 ist das Team wieder dabei und erhofft sich neue Chancen vor der Küste Neuseelands.
Die Einrumpf-Jachten für das kommende Ereignis werden deutlich größer gegenüber den zuletzt gestarteten Katamaranen. Geplant ist eine Bootslänge von knapp 23 Metern, die ungefähr drei Meter weniger messen, als die Monohulls, die zuletzt eingesetzt wurden. Weitere Einzelheiten, wie beispielsweise der Einsatz von Tragflächen, werden bei der nächsten AC 75 Klassenregel im März 2018 ausgehandelt. Gebaut werden dürfen pro Team zwei Boote. Für die Planung und Entwicklung der neuen Jachten stehen vier Jahre zur Verfügung, da sich das Emirates Team Neuseeland auch hier als einziges Team nicht darauf festgelegt hat, die Regatta alle zwei Jahre auszurichten. Für alle Teilnehmer des nächsten Cups sind in Neuseeland für die Jahre 2019 und 2020 Vorregatten geplant, an denen die Kiwis als Verteidiger nicht teilnehmen dürfen.
Bleibt zu erwarten, wie die Zuschauer und die teilnehmenden Teams das kommende große Ereignis im Jahre 2021 aufnehmen. Waren die Wettbewerbe mit den Hightechkatamaranen äußerst spektakulär und für ihre Betrachter vor lauter Hydrauliksysteme kaum nachvollziehbar, woher die gesamte Kraft kommt und welche Funktion die Crewmitglieder noch haben, so sind die traditionellen Einrumpfjachten wesentlich langsamer und mehr ans Wasser gebunden. Viele werden das als Rückschritt empfinden. Wie viele Mannschaften teilnehmen, steht noch nicht fest. Wegen der hohen Kosten für die komplett neu designten Jachten rechnen die Veranstalter mit sieben herausfordernden Teams, die aus Australien, Frankreich, Deutschland, Großritannien, Neuseeland und Italien stammen. Ob die USA mit dem Softwarehersteller Larry Ellison und seinem Team Oracle teilnehmen, ist noch nicht bekannt. Bisher haben sie ihre Absicht noch nicht erklärt. Der Titelverteidiger Neuseeland und sein Herausforderer aus Italien erwarten dieses jedenfalls nicht.