Jedem das Seine – der Sinn und Unsinn
Anlass zu dieser Notiz, ist die Bemerkung eines EU-Kommissionsbeamten in Brüssel, er bemerkte: „dass es auf europäischer Ebene leider keine einheitliche Regelung für das Führen von Sportbooten gibt. Während Automobilführerscheine EU-weit durch die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dez. 2006 über den Führerschein geregelt und überall anerkannt werden, gibt es im Sportbootbereich nur eine beschränkte Anerkennung des ICC (International Certificate of Competence) durch einige Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis“.
Allerdings, wie in der Antwort aus Berlin dargelegt, würde ein ICC basierend auf einen ausländischen Sportbootführerschein in Deutschland dann nicht mehr anerkannt werden, wenn der Inhaber dieses Führerscheins seit mehr als einem Jahr seinen Wohnsitz in Deutschland hat.
Zur möglichen Einführung eines einheitlichen europäischen Sportbootführerscheins muss gesagt werden, dass dies bislang keine Priorität der Kommission war, und dies auch von den im Europäischen Sportschiffsverband (EBA) organisierten Sportbootbenutzern nicht gewünscht wurde.
In einem zuletzt am 22. Mai 2019 aktualisierten Positionspapier fordert der EBA die Kommission auf, keinen einheitlichen europäischen Sportbootführerschein einzuführen, sondern auf die Mitgliedstaaten dahingehend einzuwirken, dass die Resolution 40 der UNECE und das darauf beruhende ICC anerkennen.
Das soll wohl heißen, dass ein „Kann-Papier“ die Rolle eines EU-Sportbootführerscheins übernehmen soll, denn die beschränkte Anerkennung des ICC-Scheins erfolgt auf freiwilliger Basis.
Interessant dazu sind folgende Auszüge aus der Internetseite des EBA:
„Die Stimme der europäischen Freizeitschifffahrt“
„Die EBA wurde 1982 gegründet. Sie setzt sich dafür ein, dass Bootseigner über die EU Gesetzgebung informiert und zurate gezogen werden. Wir arbeiten an vielen Projekten, die direkten Einfluss auf den Wassersport in Europa haben und machen, wenn nötig der nationalen oder europäischen Politik konkrete Vorschläge.“
„Mit ihren 27 nationalen Mitgliedsverbänden, die gemeinsam die Interessen von mehr als 1,5 Millionen Freizeitschiffern und 20 Millionen aktiven Wassersportlern vertreten ist die EBA die Stimme der europäischen Freizeitschifffahrt“ (kein Kommentar).
Ich wage es, zu bezweifeln, dass Mr Stuart Caruthers, EBA Secretariat c/o Royal Yachting Association, RYA House, Ensign Way, Hamble, Southampton, SO31 4YA, United Kingdom, wirklich die Interessen von 1,5 Millionen Freizeit-Skippern und 20 Millionen Wassersportlern legitim vertritt. Noch nie waren Verbands-Interessen auch deckungsgleich mit den Interessen der Bootseigner – der Bootführer wäre ohnehin besser.
Europäisch eingeschränkt
Diese Ausführungen widersprechen dem europäischen Gedanken und schränken die Freizügigkeit ein, lassen die Niederlassungsfreiheit zur Farce werden. Der Bürger Europas kommt ins Nachdenken, wenn er beabsichtigt zu übersiedeln und all das bedenkt, was er zu ändern hat. Darunter ist auch der Bootsführerschein, zeitaufwendig und nicht gerade preiswert. Wenig Verständnis entlockt ihm der Gedanke, das gleiche Patent nur mit anderem Hoheitszeichen noch einmal zu machen. Warum kann das Patent nicht umgeschrieben werden, wenn er doch ein Jahr mit selbigen die neuen Gewässer entdecken durfte. Und was bitte geschieht, wenn er nach kurzer Zeit wieder aus beruflichen Gründen das Land wechseln muss? Neue Arbeitsstätte, neuer Schein, neues Glück? Die EU hat doch Freizügigkeit auf ihre Fahnen geheftet. Vom Wind verweht? Zählen nur nationale Egoismen, fadenscheinige Begründungen einflussreicher Verbände in der Lobby? Zugegeben krumme Bananen und gerade Gurken nach EU-Vorgaben sind vielleicht interessanter, wirtschaftlich attraktiver.
Europa-Müdigkeit ist kein Selbstläufer und dass die Vereinigung bei vielen Bürgern auf Missfallen stößt, kommt nicht von ungefähr.
Vereine, Verbände, Lobbyisten
Genannte vertreten nur ihre eigenen Interessen und die tangieren selten die Ziele der eigentlich Betroffenen. Bootseigner und Bootführer sind zwei Interessensgebiete und sollten auch so vertreten werden. Bootseigner stehen nur selten am Ruder, für Bootsführer ist Führen ein Teil ihres Lebens, oft auch ein wichtiger Teil des Broterwerbs.
Es wäre ein Gewinn für die Gesellschaft, wenn Bootsscheine international gültig wären oder im jeweiligen Land umgeschrieben werden könnten, dabei könnte ohne weiteres auf nationale Gegebenheiten Rücksicht genommen werden.
ICC ist keine Alternative
Was soll ein Skipper mit einem ICC anfangen, der nicht einmal im eigenen Land akzeptiert wird, obwohl der Befähigungsausweis doch die Ausstellungsbasis für den ICC ist. Warum ist der ICC von vornherein mit Begriffen wie: „beschränkte Anerkennung“, „auf freiwilliger Basis“ oder „auf die Mitgliedstaaten dahingehend einzuwirken“ belastet – sachlich betrachtet ist er nicht das, was man erwartet hat und jetzt wird er zur Flickschusterei. EUROPA hat besseres verdient!
Stand: 17.11.2019