Deutschland – freie Fahrt für kleine Boote

Deutschland – freie Fahrt für kleine Boote

 

„Freie Fahrt – für freie Bürger“, diesen flotten Spruch kreierte im Jahr 1974 die ‚ADAC Motorwelt‘ – der Grund dafür, der amtierende Verkehrsminister hatte es gewagt, ein Tempolimit für Autos ins Gespräch zu bringen. Nicht ganz ohne Grund – damals gab es etwa 16.000 Verkehrstote und im Jahr 1973 wurde der Treibstoff knapp.

Doch gegen diesen platten Stammtisch-Spruch ist bis zur Stunde in Deutschland kein Kraut gewachsen.

Der Staat musste klein beigeben: Seit 15. März 1974 herrscht in Deutschland wieder das Prinzip „Vollgas“ und – „wenn es kracht noch ‚nen‘ Meter“.  Der ADAC und die übermächtige Autolobby hat damals…, der Rest ist Schweigen, denn bis heute hat sich daran – auch bei den Regierenden – nichts geändert.

Die Probleme sind ähnlich

Ein ähnlich gelagertes, großes Problem herrscht bei den Sportboot-Fahrern. Hier besteht eine allgemeine Führerscheinpflicht erst für motorisierte Sportboote mit mehr als 5 PS/3,67 kW – und es ist sicher kein Schicksal, dass ein Großteil der tödlichen Bootsunfälle gerade in die Kategorie der Führerscheinfreien fällt.

Bei dieser Gruppe der Bootsführer darf davon ausgegangen werden, dass die Skipper nie eine annähernd reguläre Ausbildung bekommen haben oder gar an einer freiwilligen Fortbildung teilgenommen haben.

Als weiteres Handicap schlägt zu Buche, die kleinen Boote haben eher selten die Möglichkeit, Unfälle über den Seesprechfunk zu melden und ein Smartphone ist, wenn es dringend gebraucht wird, meist in einem Funkloch oder geht in der allgemeinen Hektik über Bord.

Was tun sprach Poseidon?

Doch seinen Verantwortlichen wollte es – guten Einfällen zum Trotz – nicht gelingen, annehmbare Vorschläge in die Tat umzusetzen,

  • so wurde angestrebt durch striktere gesetzliche Reglementierung, strengere Kontrollen vorhandener Vorschriften und Bestimmungen – die Unfallzahlen zu senken.
  • erwogen wurde auch die Erweiterung der Führerscheinpflicht,
  • die Einführung eines obligatorischem Sicherheitstrainings bei der Registrierung eines Bootes war ein Vorschlag.
  • diskutiert wurde die Mindestanforderung an die Sicherheitsausrüstung zur Bootsgröße.
  • und jetzt wird es peinlich – auch die Rettungswestenplicht wurde erwähnt.
  • die Promillegrenze für Bootsführer sollte gesenkt werden und auch kontrolliert werden.

Es wäre eine gute Basis

Selbst auf die Gefahr hin, dass die große Freiheit auf den Gewässern, etwas eingeschränkt würde, die gemachten Vorschläge waren ein Anfang. Denn jeder Tote auf den Gewässern ist sicher einer zu viel.

Doch die diskutierten Vorschläge wurden von den Wassersportverbänden und wie könnte es anders sein, auch von den betroffenen Behörden mit der Begründung „Gefahr der Überregulierung“ mehrheitlich abgelehnt.

 

Die ‚Fachleute‘ setzen auf eine intensive Aufklärungsarbeit, fordern vom Gesetzgeber eine Verbesserung der Schwimmausbildung an den Schulen. Das kann doch nur ein übler Scherz sein oder ist nachstehende Information: „2019 – In den vergangenen 17 Jahren sind durchschnittlich jährlich 80 Schwimmbäder geschlossen worden“ – ein Fake?

 

Daran ändern auch die Hinweise der Wasserrettungs-Organisationen nichts, die vergeblich darauf hinweisen, dass der Nichtschwimmer-Anteil an der Bevölkerung ständig zunimmt.

 

Natürlich wäre es für Boots- und Wassersportler ideal, wenn es neben der reinen Schwimmausbildung auch eine umfassende Schulung in den Rettungs- und Bergetechniken geben würde. In den „Erste-Hilfe-Kursen“ sollte das Thema Hypothermie mehr Raum einnehmen. In unseren Breiten haben die Gewässer nur in den seltensten Fällen Badetemperaturen – die vergangenen Sommer einmal ausgenommen – auch Unterkühlung kann zu schweren Schäden und nicht selten zum Tode führen.

Im Interesse der Sicherheit

Deutschlands EU-Nachbarn zeigen, dass es im Punkt Sicherheit auch bessere Lösungen gibt.

So hat Dänemark mit der Einführung der Rettungswestenpflicht nur gute Erfahrungen gemacht.

In Kroatien ist jedes motorisierte Boot, ob klein oder groß und unabhängig von der Leistung des Motors führerscheinpflichtig. Rettungswesten müssen für alle Personen an Bord vorhanden sein. Auf Booten von 2,5 m Länge oder weniger dürfen sich höchstens zwei Personen gleichzeitig aufhalten.

In Österreich sind Motorboote zulassungs- und auch führerscheinpflichtig. Ihre Benutzung unterliegt auf vielen österreichischen Binnengewässern Einschränkungen. Ein besonderer Aspekt: Segelboote mit Hilfsmotor (Verbrennungsmotor) gelten in Österreich als Motorboote. Das muss beachtet werden, denn auf österreichischen Gewässern bestehen für Ruder- und Segelboote weder eine Zulassungs- noch eine Führerscheinpflicht. Es gilt die Rettungswestenpflicht, für jede Person an Bord muss eine Rettungsweste an Bord sein. Die Verkehrsregeln gelten selbstverständlich auch für Ruder- und Segelboote.