Befähigungsausweise – FB 1 bis 4 – Masse statt Klasse?
Die Erwartungen in die neue Jachtverordnung waren groß, fast so groß, wie die vorgebrachten Kritiken in der Entstehungsphase der JachtVO. Doch der Tag der Ausgabe – 8. Mai 2020 – wurde zum Tag der Enttäuschung. „Es kreißten Österreichs Berge und gebaren ein lächerlich kleine Maus“.
Wer Sachlichkeit schätzt, bemerkt die Halbherzigkeit, mit der die JachtVO auf den Weg gebracht wurde. Es fehlt an nautischer Kompetenz bei den Verantwortlichen, manifestiert sich in dem totalen Rückzug aus der maritimen Verantwortlichkeit – „privat“ ersetzt den Begriff „amtlich“. Eigentlich kein Wunder, denn Österreich besitzt schon lange keine Küsten oder Anschluss an die Weltmeere, und das österreichische Seeschifffahrtsgesetz gleicht einem „Streichkonzert“ – § aufgehoben durch BGBI. I Nr. … dominiert.
Bei der Beibehaltung der Einteilung in vier Fahrtbereiche FB 1 bis FB 4 ist die Zeit stehen geblieben. Selbst österreichische Schifffahrtschulen erklären, dass mit dem FB 2 jederzeit die Hoheitsgewässer verlassen werden können und jenseits niemand mehr zur Kontrolle ermächtigt ist. Der Musterschüler der Bürokratie – die BRD – hat mehr oder weniger offiziell erklärt, das Bootsführerscheine jenseits der 3,5 Seemeilen vom Festland nicht mehr kontrolliert werden.
Wer sich auf die Hohe See begibt, muss wissen, was ihn eventuell erwartet. Hat sich sicher mit allen Dingen, die er zum Überleben braucht, vertraut gemacht. Für ihn ist die Navigation, auch die Gezeiten-Navigation kein Fremdwort. Schon mancher Skipper, der die Welt umrundet hat, hatte keinen Schein, wusste nicht einmal, dass so etwas überlebenswichtig sein soll.
Aber dies alles passt nicht in die „zeitgemäße“ JachtVO – hier wird alles privatrechtlich geregelt, die Verantwortung dafür den Verbänden und Vereinen überlassen. Vor allem aber die praktische Ausbildung und die Prüfungen in fremden Hoheitsgewässern, durch die der Besitz eines „privaten“ Befähigungsausweises erst ermöglicht wird. Private Befähigungsausweise sind für einige Länder nur ein Papier, dass sie nicht anerkennen müssen. Folglich wird die via donau – Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m. b. H. ein Unternehmen des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie damit betraut ein hochoffizielles „International Certificate for Operators of Pleasure Craft“ auszustellen. Dieses gilt als amtlich anerkannter Befähigungsausweis zur selbstständigen Führung von Jachten auf See.
Ob der IC allerdings jemals weltweit anerkannt wird, ist nicht sicher festzustellen. Denn nur die folgenden UNECE-Mitgliedsstaaten haben bis heute die Resolution Nr. 40 unterzeichnet und erkennen offiziell das ICC als Befähigungsnachweis zum Führen von Sportbooten auf Binnen- oder Küstengewässern an:
Belgien, Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Kroatien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Schweiz, Serbien, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Weißrussland.
Viele, der oben aufgeführten Länder, sind Binnenländer. Das sollte nicht weiter verwundern, da die IC-Patente in ihrem Ursprung für Binnengewässer konzipiert wurden.
Fast verbissen kämpft die EBA – European Boating Association – eine Filiale der Royal Yachting Association – zumindest teilen sie sich das Sekretariat und den Sekretär – gegen eine Vereinheitlichung europäischer Schiffsführerpatente. Zu vermuten ist, dass hier Pfründe verteidigt werden.
„Die EBA fordert die EU-Kommission daher nachdrücklich auf, nicht zu versuchen, ein eigenes EU-Lizenzsystem für Freizeitboot-Skipper einzuführen, sondern die Mitgliedstaaten zu ermutigen, die Resolution 40 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) – Internationales Zertifikat für Betreiber von Sportbooten – anzunehmen. Dieser Ansatz würde völlig im Einklang mit dem Ansatz der EU in Bezug auf die internationale Handelsschifffahrtsgesetzgebung stehen, wonach die EU die Mitgliedstaaten auffordert, die von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation vereinbarten Regeln zu verabschieden“.
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